Wie warm ist es heute eigentlich? Nur fünf Grad sollen das sein? Und wie wird es morgen? Was, nur vier Grad sind angesagt? So sahen die Bootsarbeiten, die bei uns im Winter anstehen, in diesem “Frühjahr” aus: Ein kalter März, in dem bisher nicht viel zu machen war. Gewiss, Schleifen kann man auch bei niedrigen Temperaturen. Aber mit dem Lack wird das schwierig.
Dabei müssen wir auch in dieser “Wintersaison” wieder einiges auf unserer Vindö 32 erledigen. Denn schließlich verlangt der Langkieler von 1980 Aufmerksamkeit. Und die Vindös sind da etwas anspruchsvoller. Fangen wir mit dem Unterwasserschiff an: Na gut, Antifouling muss auch auf einer modernen Yacht gestrichen werden. Aber die Länge des Langkielers erfordert einige Pinselstriche mehr. Der Propeller muss eingefettet und mit einer “Anode” versehen werden, damit die Ströme im Wasser ihn nicht auffressen.
Die Packung warnt: Nur über 12 Grad verarbeiten
Aber so richtig lustig wird es an Deck des Bootes, das gerade in einer Bootshalle am Nord-Ostsee-Kanal steht: Alle Decksaufbauten sind aus Mahagoni, das zwar seit über 40 Jahren gut hält, aber jede Saison abgeschliffen und lackiert werden will. Das Teakholz im Cockpit muss eingeölt werden. Und am Kajütaufbau steht die Überarbeitung der Fugen an. Auf der Packung mit der Dichtungsmasse von Sikaflex steht schon geschrieben, man solle sie nicht unter 12 Grad verarbeiten. Ebenso sieht es beim Antifouling aus (nicht unter sechs Grad) und beim Lack (auch nicht unter sechs Grad).
Was macht man nun, wenn es in der Halle nicht wärmer als vier Grad werden will? Ein Nachbar hat es ausprobiert und seinen Langkieler bei plus vier Grad gestrichen. “Das ging, aber die Farbe blieb ziemlich zäh”, berichtet er uns später. Nein, das wollten wir uns ersparen. Wir lauerten lieber auf besseres Wetter. Manche Winterlager bieten auch geheizte Hallen zum Arbeiten an. Eigentlich gar nicht so schlecht würde ich heute, nach diesem nassen und kalten Winter, sagen.
Wir ergriffen die Chance am richtigen Tag
Dann kam der Tag, an dem starker Wind ungewöhnlich hohe Temperaturen über den Norden fegte. Draußen kletterte das Thermometer auf 16 Grad an und sogar in der Halle war es 12 Grad warm. Jetzt mussten wir alles auf einmal erledigen: 12 Grad ist das richtige Niveau für das Sikaflex an den Fugen und für das Antifouling am Schiffsrumpf. Nun dauern diese Arbeiten viele Stunden an. Doch am nächsten Tag, während draußen am Nord-Ostsee-Kanal wieder nur sechs Grad herrschten, blieb drinnen in der Halle noch etwas Wärme stehen. Bei neun Grad strich ich das vorher abgeschliffene Mahagoni einmal komplett durch.
So haben wir es auch schon in diesem Winter schon fast wieder geschafft, die Vindö auf Vordermann zu bringen: Alle Vorbereitungen bei nasskaltem Wetter erledigt und als es dann endlich ging, haben wir zugeschlagen. Das konnte ich parallel zum Erscheinen meines neuen Reisebuchs unter Segeln erledigen, “Zwei Hamburger segeln nach Harwich”, über das es hier mehr zu lesen gibt. Das Boot, mit dem wir auf die große Reise nach England gingen, ist nun wieder hergerichtet. Einige Kleinigkeiten noch – dann können wir wieder die Saison begrüßen.
Die Kamera war immer mit an Bord. Meist lag das empfindliche Gerät im Cockpit, wenn wir auf Reisen waren, einigermaßen geschützt unter der Sprayhood, vorne, wo nicht ganz wo viel Wasser hinkam. Das hat die kleine Sony auch bis nach Haparanda und zurück schadlos überstanden. Und auch das Foto-Smartphone, das wenigstens wasserdicht ist, war mit dabei, auch an Land. So kamen über die Jahre Tausende Fotos zusammen, alle bearbeitet, alle fein säuberlich auf dem Rechner sortiert und auf der Festplatte gespeichert.
Doch wie kann man solche Fotos richtig in Szene setzen? Elektronisch, im Netz, auf dem Blog zum Beispiel, ist das ja kein Problem. In Bildergalerien lassen sich eine Menge Fotos zeigen, die dann auf dem Bildschirm eines Tablets, eines Smartphones oder Desktops strahlend leuchten. Aber muss man Fotos nicht auch in Print zeigen? Ist es nicht gerade reizvoll, durch Aufnahmen blättern zu können, Seite für Seite, um einen Eindruck vom Segeln und den Häfen zu bekommen?
In meinen gedruckten Büchern gibt es zunächst einmal Schwarzweiß-Druck. Mit einer Ausnahme: Es gibt eine Ausgabe von “Zwei Hamburger segeln nach Haparanda” mit Farbseiten, das ist diejenige, die im Buchhandel vertrieben wird (ISBN 978-3-7546-3360-1). Doch bei einer Seitengroße von 21 * 14,8 Zentimetern sind die Bilder recht klein.
Wie nur die Bilder aus Haparanda präsentieren?
Also suchte ich nach Möglichkeiten, einen qualitativ ansehnlichen Bildband herzustellen, der gleichzeitig im Verkaufspreis noch erschwinglich ist. Der Markt bietet da eine riesige Auswahl an “Fotobüchern”, doch am Ende sind die meisten davon fragwürdige Angebote. Denn man müsste einen Verkaufspreis zwischen 40 und 50 Euro ansetzen, damit sich die Produktion überhaupt noch einigermaßen lohnt. Die Ausnahme fand sich (wieder einmal) bei Amazon kdp: Der Druckdienstleister dort kann Bildbände produzieren, die einerseits preisgünstig als Taschenbuch gedruckt werden. Andererseits liefert der “Druck in Premiumfarbe” sehr schöne Ergebnisse. Und drittens sind originelle Formate erhältlich, wie ein quadratisches Format mit 21,59 * 21,59 Zentimetern, das groß genug für einen kleinen Bildband erscheint.
Ich machte das Layout und wählte die Bilder aus, eine abwechslungsreiche Mischung aus Aufnahmen unserer Segeltörns nach Skandinavien, mit unserem neuen und unserem alten Segelboot. Dann brachte ich noch ein ganz klein wenig Bildbearbeitung mit ein und bestellte erneut einen Probedruck. Dieser war ziemlich überzeugend: Die Farbwiedergabe ist gut, die Druckqualität ordentlich und die Preisgestaltung des Farbdrucks so, dass ich das Buch mit 123 Seiten für einen Preis von 21,95 Euro anbieten kann – was für ein Taschenbuch nicht günstig, für einen kleinen Bildband aber sehr, sehr günstig ist.
Die Küste aus der Seglerprespektive
Also “mischte” ich die Fotos wieder etwas anders ab, pausierte etwas, layoutete neu, arrangierte neu und schrieb schließlich die Bildunterschriften. Herausgekommen ist am Ende ein schöner Bildband, der auf seinen 123 Seiten über 170 Fotos präsentiert. Wer gerne einmal sehen möchte, wie es da oben in Skandinavien, an der Küste Norbottens im Bottnischen Meerbusen oder im Oslofjord aus der Seglerperspektive aussieht, der sollte einen Blick darauf werfen. Den Bildband gibt es in einer Ausgabe mit deutschen Texten (Bestellmöglichkeiten gibt es hier) und mit englischen Texten (hier geht es zur Bestellung). Viel Spaß beim Stöbern!
Mit gewaltiger Kraft rauscht die Elbe dem Segelboot entgegen, nur ganz langsam geht es an Neuwerk vorbei in der Mündung der Elbe. Da braucht es Stunden, um von Scharhörn nach Cuxhaven zu segeln. Dazu bricht auch noch die Dunkelheit herein.
Immer wieder hört man es, immer wieder liest man es: Die Elbe gegen den Strom hinauf zu segeln, sollte man besser sein lassen. An Land hören sich solche Ratschläge gut an. Was aber, wenn es gar nicht anders geht? Und wenn dazu noch die Dunkelheit hereinbricht, auch wenn vor der Ansteuerung Cuxhavens bei Nacht gewarnt wird? Manchmal muss man da durch, allen klugen Ratschlägen zum Trotz.
Auf dem Weg aus dem Wattenmeer brauche ich Zeit, bis die Flut kommt und wieder so viel Wasser in den kleinen Hafen läuft, dass “Svanen” wieder schwimmt. Vorher saß sie auf dem weichen Schlick auf. Doch das zieht sich den ganzen Vormittag über hin. Eigentlich zu spät, kann ich sicher ablegen, ohne gleich im Hafen stecken zu bleiben. Bis Scharhörnriff ist es eine sehr schnelle Fahrt: Frischer Wind weht aus der richtigen Richtung, alle Segel sind oben, ich komme auf ein Tempo von 6,8 bis 7 Knoten durchs Wasser. Immer wieder ist es erstaunlich, wie schnell so ein älterer Langkieler sein kann, wenn genug Wind weht.
Vor Scharhörn ist alles noch in Ordnung
Doch das war die Geschwindigkeit durchs Wasser, nicht über Grund – eine Unterscheidung, die in Tidenrevieren wie der Nordsee ja essenziell ist. Also: “Svanen” fährt nur mit fünf Knoten über Grund, weil die Flut nun gehörig in die Deutsche Bucht hineinfließt. Die sieben Knoten kann ich auf der Logge beobachten und mich an diesem eher theoretischen Wert erfreuen. Aber immerhin: Würde ich nur sechs Knoten durchs Wasser laufen, würden nur noch vier über Grund übrig bleiben.
Man braucht auf der Nordsee einfach ein schnelles Schiff, gerade wenn man gegen die Tide unterwegs ist. Bis Scharhörn geht das alles noch. Beim “Einbiegen” auf die Außenelbe fahre ich bei schönstem Sonnenschein, es ist Nachmittag geworden, an einem Forschungsschiff des BSH vorbei. Seine Beiboote, die “Komet 2” und “Komet 3” tasten in langen Schleifen die Sandbänke ab, um diese zu vermessen.
Neben dem Fahrwasser ist genug Platz
Es folgt der dichte Schifffahrtsverkehr auf der Außenelbe, in Richtung Cuxhaven, aber auch hinaus aufs Meer. Tanker passieren mich, Containerschiffe, davon einige richtig große, auch die Helgolandfähre kommt vorbei gedampft. Ein großer Pluspunkt: Der Streifen neben dem eigentlichen Fahrwasser ist so breit, dass man als Segelboot noch gut dort segeln kann und mit dem Fahrwasser zwischen den roten und grünen Tonnen gar nicht in Berührung kommt. Es sei denn, man müsste kreuzen.
Doch die Windrichtung stimmt noch, ich kann weiter mit “Svanen” auf der Außenelbe segeln. Aber was ist das? Als die Insel Scharhörn mit ihren Sandbänken an Steuerbord auftaucht, wird der Strom stärker. Jetzt steht er mit 2,5 Knoten gegen mich. Was macht das noch über Grund? Na ja, da bleiben noch 3,5 Knoten übrig. So schnell segelt das Boot nicht mehr, der Wind hat etwas nachgelassen. Aber mit 3,5 Knoten kann man auch Cuxhaven erreichen, denke ich mir, es dauert eben nur etwas länger.
Es sollte sich zeigen: von Wegen. Die Strömung steigt an, immer mehr Wasser fließt aus der Elbe hinaus aufs offene Meer. Hinter Scharhörn sind es erst 3, dann 3,5 Knoten gegen an. Ich muss die Maschine starten, um beim Segeln etwas nachzuhelfen. So komme ich zwar wieder auf sieben Knoten durchs Wasser, von denen aber nur noch 3,5 Knoten übrig bleiben. In solchen Momenten erübrigt sich natürlich jede Diskussion, ob Segel oder Maschine – man braucht schlicht alles, was Tempo macht.
Es bleibt kaum noch Tempo über Grund übrig
Es wird langsam dunkel, die Sonne schickt sich an, über dem Horizont im Westen unterzugehen. Die Schiffe haben bereits ihre Positionslaternen eingeschaltet. Es soll hier eine Stelle im Watt geben, wo Skipper, die es nicht mehr gegen den Strom nach Cuxhaven schaffen, übernachten könnten. In einem Pril sicher festmachen, das hätte schon etwas. Aber vor mir taucht doch bereits Cuxhaven auf, es scheint ja schon zum Greifen nahe. Man sieht die Küste, an Steuerbord Neuwerk, dort hinten den langen Leitdamm, der neben dem Strand aufs Meer hinauf führt.
Als ob die Elbe das geahnt hätte, als ob sie einem eine besonders kniffelige Aufgabe stellen wollte: Sie dreht auf, erst sind es 4,5 und dann satte fünf Knoten Strömung gegen an. Von meinen schönen sieben Knoten bleiben nur noch zwei übrig. Einige Minuten später fahre ich nur noch 1,6 Knoten über Grund. Wie lange soll die Fahrt bis zum sicheren Hafen jetzt noch dauern? Der Plotter kennt die Ankunftszeit auf der Route: 22.30 Uhr zeigt er an, obwohl es doch gerade einmal 19 Uhr ist und das Land schon so nahe erscheint. Aber er schätzt ja nur die Entfernung gegenüber der Fahrt über Grund, und so bleibt Hoffnung, dass der Strom noch nachlässt.
Die Navigationslichter gehen auf der Elbe an
Jetzt bin ich wenigstens gewappnet und weiß, was da auf mich zukommt. Glücklicherweise lässt der Strom wieder ein wenig nach. Aber mehr als 2 Knoten über Grund sind hier nicht mehr zu machen. Die Sonne ist längst versunken, ich schalte die Navigationslaternen ein. Erst geht die “Dampferlaterne” am Mast nicht an, dabei hatte ich doch jüngst erst die Kabel kontrolliert. Zunächst muss die Deckbeleuchtung dafür herhalten, die auch nach vorne abstrahlt. Dann aber, das erste positive Zeichen, geht sie doch an: “Svanen” leuchtet hell in der Elbmündung, rot, grün und weiß.
Unheimlich ist das ganze eigentlich nicht: Zwar wird es jetzt Nacht, aber die Schiffe und die Seezeichen sind sehr deutlich auszumachen. Es blinkt und blitzt von allen Seiten und dazwischen sieht man sehr schön die anderen Schiffe. Zumal kein Freizeitverkehr um diese Zeit hier noch unterwegs zu sein scheint, nur die Berufsschifffahrt, die kontinuierlich an mir vorbeizieht. Jetzt noch schnelle Motorboote, die von allen Seiten kommen, das müsste doch nicht sein.
Einen Frachter auszumachen, seine Richtung zu bestimmen und die Geschwindigkeit abzuschätzen fällt erstaunlich leicht bei Nacht. Ich denke an die Warnung im Törnführer: Cuxhaven solle man nicht bei Nacht anlaufen. Aber wie schon oben geschrieben: Manchmal bleibt einem einfach nichts anderes übrig.
In den Flussmündungen ist die Strömung entscheidend
Bei Segeltörns auf der Nordsee muss man einfach sehr viele Faktoren “unter einen Hut” bringen. Auf der Ostsee kümmert man sich in erster Linie um das Wetter, also um die Windstärke, die Windrichtung, die Wellenhöhe und vielleicht noch darum, ob es regnet oder trocken ist. So kann man sehr komfortabel bis nach Schweden und Finnland segeln. Und selbst wenn es in den Oslofjord geht, wie in dem Buch “Vom Öresund zum Oslofjord”, sind die navigatorischen Bedingungen viel einfacher als hier auf der Nordsee.
Zum Wetter kommen dann eben noch Ebbe und Flut dazu, die bestimmen, wann man flache Häfen im Watt anlaufen kann und wann man wieder aus ihnen herauskommt. Und in den Flussmündungen zwischen Eider und Ems ist natürlich die Strömung noch entscheidend. Alles haben wir schon erlebt: Mit bis zu zehn Knoten kann man die Elbe hinab rauschen, wenn man mit dem Strom segeln kann.
Schöne Fahrten haben wir vor einigen Jahren von Bremen aus unternommen, die ich in “Der Törn vom Haff ins Watt” schildere. Aber jetzt ist es unangenehm, gegen anzufahren. Auf die Tageszeit, sprich, Dunkelheit, kann man da nicht mehr viel Rücksicht nehmen. Hier kommt noch dazu, dass das Wetter sich in den nächsten Tagen noch verschlechtern soll. Es war also zwingend notwendig, sich auf die Reise zu machen, selbst wenn der Strom dagegen steht.
Gewaltige Kräfte wirken auf der Elbe
Zum Segeln ist jetzt zu wenig Wind, und die Fahrtrichtung geht genau in den Wind hinein. Bei Dunkelheit im Fahrwasser kreuzen, das muss ich mir doch schenken. Ich berge die Segel: Die Rollfock wird einfach aufgerollt, das Groß fällt auf den Baum und wird dort gut festgezurrt. Ich muss die Drehzahl vom Diesel erhöhen, dann schafft er es noch, das Boot auf 6,8 Knoten zu bringen.
Unheimlich scheinen die Kräfte, die hier herrschen: Mit großer Bugwelle fährt “Svanen” in den Strom, der mit immer noch fünf Knoten vorbeirauscht. Darin mache ich noch 1,8 Knoten Fahrt über Grund. Langsam, nur ganz langsam, schiebt sich “Svanen” Cuxhaven näher. Stunde um Stunde vergeht so auf der Außenelbe. Endlich ist der Leitdamm vorüber und die Kugelbake taucht an Steuerbord auf. Dabei ist sie kaum auszumachen: Man sieht nur ein dunkles Gerüst in den Nachthimmel ragen. Dazwischen funkeln einige Besucher mit ihren Taschenlampen herum, was auf dem Wasser schon etwas irritierend sein kann. Eigentlich schade, dass die Bake nicht beleuchtet ist, anders als die vielen “echten” Seezeichen und Tonnen. Ich bin froh, als ich mitten im rauschenden Wasser die Kugelbake passiere.
Jetzt ist es nur noch ein kurzes Stück bis zum Yachthafen, gleich hinter dem Fährhafen. Das geht auch noch vorüber, hier auf der dunklen Elbe. Unheimlich ist es noch einmal, bei der starken Strömung in die Einfahrt zum Yachthafen einzubiegen. Zack, Ruder herum geschwenkt, das Schiff dreht ein und schlagartig lässt der Strom nach.
Ein freundlicher Segler nimmt die Leinen an
Ich fahre noch die Stege entlang , bis ein freundlicher Segler aus den Niederlanden auf einen Platz deutet: “Hier ist noch frei”, ruft er, und hilft, die Leinen anzunehmen. Die Vindö ist schnell vertäut, am Schwimmsteg an der Seite und vorne. Das Schiff liegt fest. Langsam lässt die Anspannung nach. Es ist tatsächlich 22.30 Uhr geworden, wie ich beim “Schnack” mit dem Holländer feststelle. Um 17.00 Uhr hatte ich Scharhörnriff erreicht. Meine Güte, was hat mir die Elbe da Wassermassen entgegengeworfen. So viel Strömung, dass ich buchstäblich nach Cuxhaven gekrochen bin. Fünfeinhalb Stunden für die Anfahrt auf der Außenelbe.
Doch dieses Erlebnis hat auch etwas Befreiendes: So sieht es also aus, wenn man gegen die Strömung die Elbe hinauffährt. So ist also der schlimmste Punkt, wenn der Wind nicht mehr passt zum Segeln, wenn der Strom gegen an seine höchste Geschwindigkeit erreicht und es auch noch Nacht wird. Das ist machbar, denke ich, wenn auch knapp. Was soll da noch passieren?
Nun, nicht so ganz. Jeder Nordseesegler wird wissen, was da noch so alles passieren kann. Zum Beispiel, wenn der Wind noch gegen den Strom gestanden hätte und sich fiese Wellen in der Elbmündung aufgebaut hätten. Dann wäre die Anfahrt noch wesentlich aufreibender geworden. Auch das ist uns passiert – aber das ist eine andere Geschichte. Nur so viel: Es ging, weil es manchmal einfach gehen muss.
»Vom Öresund zum Oslofjord: Eine literarische Nordlandfahrt unter Segeln« geht schrittweise in den Vertrieb. Hier gibt es die Übersicht, wo das neue Buch bereits erhältlich ist. Doch was steckt eigentlich hinter diesem Buch, mit dem ich meine “Segel-Trilogie” komplettiere, im Anschluss an »Der Törn vom Haff ins Watt« und »Zwei Hamburger segeln nach Haparanda«?
Der Rahmen ist der gleiche wie bei den beiden ersten Segelbüchern: Im Mittelpunkt steht ein längerer Törn, den wir mit unserem Segelboot unternommen haben, angereichert um Erlebnisse vor und während der Fahrt. Dazu gab es im Haparanda-Buch noch praktische Tipps für Segler, im »Haff ins Watt«-Buch die Hafentipps. Das ist in »Vom Öresund zum Oslofjord« anders. Dieses Buch geht einige Schritte weiter: Ich verbinde Werke der klassischen skandinavischen Literatur mit den Segelerlebnissen. Der erste Titel, der mir durch den Kopf ging, war dann auch “Segeln mit Shakespeare”. Aber es gibt ja noch mehr als Shakespeare zu entdecken in diesem Buch.
Von Holger Danske und Prinz Hamlet
Dahinter stecken, ich gebe es gerne zu, Schloss Kronburg und die kleine Meerjungfrau. Bei ihr hatten wir in Kopenhagen vor einigen Jahren festgemacht, als wir mit dem Boot die dänische Hauptstadt angelaufen hatten. Da denkt man unweigerlich an die Geschichten von Hans Christian Andersen, ebenso war es beim Besuch des Schlosses am Ausgang des Öresundes. Denn dort unter im Keller schläft die Sagenfigur »Holger Danske«. Aber auch mit »Hamlet, dem Prinzen von Dänemark« hat das Schloss einen starken literarischen Bezug, schließlich hat William Shakespeare das Drama ganz bewusst hier angesiedelt.
Mit dem Segelboot zu fernen Zielen reisen, das lässt oft genug reichlich Raum für Lesen – etwa, wenn das Boot bei günstigem Wind übers Meer pflügt oder wenn man abends im Hafen festgemacht hat. Deshalb liegen die Verbindungen zu Selma Lagerlöfs »Nils Holgerson« an der schwedischen Küste oder Hendrik Ibsens »Peer Gynt« im Oslofjord auf der Hand. Das Buch sollte mehr als ein Törnführer mit praktischen Segeltipps werden, ich wollte eine Art »Crossover« wagen und das Genre der klassischen Reiseerzählung oder gar des nüchternen Törnberichts für Segler erweitern.
Große Städte in Reichweite
Der zweite Grund, dieses Buch zu schreiben: Wir sind zwar im vergangenen Jahr die lange Strecke nach Finnland gesegelt, eine fantastische Reise, aus der dann »Zwei Hamburger segeln nach Haparanda« wurde. Aber noch besser als im Bottnischen Meerbusen kennen wir uns an der schwedischen Westküste aus, im Oslofjord und natürlich im Öresund – dorthin hatten uns zuvor schon mehrere Reisen mit dem Segelboot geführt. Orte wie Marstrand oder die Insel Orust sind uns wohl vertraut (schließlich wurde dort auch unsere Vindö einmal gebaut). Das musste einfach in einem weiteren Buch münden. Zumal dieser Törn mit Kopenhagen, Göteborg, Oslo und Aarhus gleich vier interessante Städte vorstellt, die in Reichweite für deutsche Seglerinnen und Segler liegen.
Lange habe ich über dem Buchcover gebrütet. Ich wollte gerne unser Segelboot und das mächtige Schloss Kronborg aus dem Cover zeigen. Natürlich gibt es solche Fotos nicht von »der Stange«. Kurz hatte ich mit dem Gedanken gespielt, einen Marinemaler zu kontaktieren, der für ein kanadisches Ehepaar ein Buchcover entworfen hatte – auf diesem segeln die beiden Nordamerikaner nämlich mit ihrer Yacht an Kronborg vorbei. Das verwarf ich aber wieder. Da wir auch keine Kameradrohne unser Eigen nennen, gab es noch die Möglichkeit, eine ganz klassische Montage anzufertigen.
Schloss Kronborg als Aquarell
Dazu wurde ein Foto, das ich von Bord von Schloss Kronborg gemacht hatte, bearbeitet. In das Bild wurde eine Aufnahme der Vindö hineingesetzt. Um diesem Motiv einen besonderen Schliff zu verleihen, wurde das Bild anschließend gleich dreimal gefiltert: So verschmolzen die Bilder miteinander und das Bild erhielt das Aquarell-Erscheinungsbild. Ich finde, es ist ein sehr interessantes, einzigartiges Motiv geworden. Darauf kam dann die typische Schrift für Titel und Untertitel und die blaue »Svanen«-Banderole an der Unterkante.
Jetzt befindet sich das Buch in der Auslieferung, Stück für Stück. Ich hoffe, dass es Ihnen als Leserin und Leser genauso viel Spaß machen wird, wie es mir gemacht hat, das Buch zu schreiben. Auch wenn das Werk mit seinen zwei Handlungsebenen ein etwas ungewöhnlicher Reisebericht ist – aber einer, der Freude macht.
Svanens Sommertour führte in diesem Jahr weit nach Norden über Dänemark und Schweden hinaus. Das war schon fast “high latitude”-Segeln, also in den hohen Breiten. Diese Galerie mit einer kleinen Bildauswahl soll zeigen, wie schön Segeln im Norden sein kann – das Wetter, die See und die Häfen an der Ostsee. Unser Langkieler ließ sich zuverlässig bei fast jedem Wetter durch die Schären steuern, an hohen Küsten entlang und in interessante Städte. Den Norden auf dem Wasser zu bereisen ist unvergleichlich, Fahrtsegeln etwas ganz Besonderes.
In welche Häfen und Küsten die Reise führte und welche Abenteuer wir mit der Vindö 32 im Norden erlebt haben, wird bald gesondert berichtet. Dann wird auch diskutiert, warum nicht jede Wettervorhersage stimmt, wie man ein Boot unterwegs in Schuss hält und welche Ziele sich wirklich lohnen. Das hier soll ein kleiner Vorgeschmack sein. Ein “Klick” führt auf die Großansicht, der “Zurück”-Knopf des Browsers wieder auf diese Seite.
Der „Schmetterling“ ist eine schöne Segelstellung, sobald der Wind genau von hinten kommt. Doch er ist nicht stabil, gerade die Fock fällt gerne ein, sobald der Wind auch nur ein wenig dreht. Abhilfe schafft der Spinnaker-Baum.
So eine Vindö, die braucht Wind. Das Schiff ist ein schwerer Langkieler mit seinen über dreieinhalb Tonnen und es muss schon etwas pusten, bevor sie in Gang kommt. Bei Windstärke Drei gleitet sie noch gemütlich vor sich hin, erst ab vier bis fünf Beaufort kommt Tempo und damit Spaß auf. Dann allerdings hängt sie so manche moderne Konstruktion ab, was zeigt: Langsam ist das Schiff nicht. Sie braucht eben nur etwas mehr Wind.
So hat sich die Skala quasi verschoben. Was früher, auf unserem alten, viel leichteren Boot Windstärke Drei war, ist jetzt quasi Vier und aus Vier wurde Fünf. Das lässt viel mehr Raum nach oben. Doch man sollte eine Reserve einplanen, sollte der Wind stärker werden und beispielsweise in den Bereich sechs gehen.
Der Wind frischt auf, kommt aber von Achtern
Das Großsegel und die Fock stehen gegensätzlich. Allerdings: das Groß wird auf Mast und Rigg gedrückt, was nicht gut ist.
Neulich auf der Ostsee begann der Segeltag mit wenig Wind, viel mehr als Zwei war es nicht. Doch nach einigen Stunden kam langsam ein wenig Wind der Stärke Drei auf, der gelegentlich in den Vierer-Bereich ging. Aber er drehte und kam genau von Achtern, der Wind blies also über das Heck des Bootes hinweg.
Manche Segler greifen jetzt gern zum „Schmetterling“: Das Großsegel wird in die eine Richtung aufgemacht, die Fock in die andere. Fast wie ein alter Rahsegler kann das Boot nun die maximale Menge Wind „abgreifen“, die es vorwärtstreibt. Doch so ein Schmetterling ist instabil, schon bei leichten Winddrehern fällt die Fock in sich zusammen. Zudem besteht immer die Gefahr, dass der Großbaum umschlagen könnte und über das Cockpit rast. Und, Fahrtensegler wissen das: Ein Großsegel, das auf das Rigg und den Mast gedrückt wird, scheuert und nutzt sich ab. Deshalb ist der Schmetterling nur etwas für einen Segelnachmittag, nicht für ganze Tage.
Abhilfe schafft der Spinnaker-Baum
In der „Segelgarderobe“ fehlt bei diesem Schiff noch ein Spinnaker oder auch ein Gennacker, also viel Segelfläche für leichte Winde. Aber der Spinnaker-Baum, der liegt bereit an Decke. Also schnell einen „stabilen Schmetterling“ gebastelt. Dazu wird der Spinnaker-Baum am Mast eingehängt. Weil er lang ist, passt das andere Ende gerade so eben noch auf die Fockschot. Gut, dass der Baum trotz seiner Stärke leicht ist, so lässt er sich noch bequem bewegen.
Die Fockschot wird lose gelassen und nach dem Einhängen angezogen. Wenn man schon auf dem Vorschiff ist kann man auch gleich, mit einer starken Leine ausgerüstet, das zweite Problem beseitigen und dem Baum sichern: Mit einem sogenannten Bullenständer, eine Verbindung von der Spitze des Baums zur Klampe auf dem Vorschiff. Jetzt ist auch die Gefahr des Umschlagens gebannt.
Das Ergebnis: Nur mit der ausgebäumten Fock pflügte „Svanen“ mit 4,2 Knoten durch die Ostsee. Das ist doch schon etwas. Das Großsegel hat dann noch etwas, aber nicht so viel nicht mehr gebracht: 0,8 Knoten zusätzlich. Aber immerhin fuhr sie nun mit 5 Knoten bei leichten Winden über die See. Das ist eine ordentliche Reisegeschwindigkeit. Noch dazu blieben die Segel schön stabil, nichts knatterte, killte oder fiel ein. Ein „stabiler Schmetterling“ also.
Schnell ist der Schmetterling wieder abgebaut
Leider war die ganze Aktion auf dem Weg nach Südschweden nicht von langer Dauer. Schon nach zwei Stunden schlief der Wind wieder ein. Da dümpelte sie nun vor sich hin, die Vindö, die Logge sank und sank und blieb schließlich bei mageren 1,6 Knoten.
Da das Fahrwasser nun enger wurde, war die Entscheidung leicht: Runter mit dem Spi-Baum, runter mit dem Bullenständer, runter mit der Fock und dem Großsegel. Runter mit allem und den Knopf gedrückt: Der Motor startet, die Fahrt wird unter Maschine fortgesetzt.
Weil aber auch der “stabile Schmetterling” dem Großsegel zu schaffen macht, sollte er, wie oben beschrieben, nur kurzzeitig aufgezogen werden. Und die Geschwindigkeitsmessung zeigt: Nur unter Fock geht es auch schon ganz ordentlich weiter. Insofern ist eine einzelne, große Fock, die mit dem Spinnakerbaum ausgebäumt wird, der richtige Kompromiss aus Tempo, Komfort und Sicherheit.
Einmal, da muss es vorbei sein – Segler an Nord- und Ostsee können das jedes Jahr sagen, wenn das Boot nicht im Wasser bleiben soll. Im Mai gings rein, im Oktober schon wieder raus. Dabei wäre ein Boot im Wasser gerade jetzt, im zweiten Lockdown, nicht übel. Aber das wollten wir der Vindö mit ihrem Holz nicht antun, sie sollte lieber in ein trockenes Plätzchen. Die Saison ist ja längst beendet und das Wetter spielt auch nicht mehr mit.
Nun hat sich Svanen in eine Bootshalle am Nord-Ostsee-Kanal zurückgezogen, wo sie, ein Blechdach über dem Deck, auf das Frühjahr wartet. In einer Halle kann man auch bei Wind und Wetter gut arbeiten. Denn im Winter stehen wieder einige Holzarbeiten an und natürlich wird auch das Unterwasserschiff neu gestrichen. Diese kleine Bildergalerie zeigt ihre letzte Reise in diesem Jahr.
Wenig später machen wir das gleiche Manöver am Binnensee noch einmal: Unsere Jolle, der Conger, muss auch an Land. Mit ihm hatten wir die Saison eröffnet, er beschließt sie auch wieder. Eine Jolle ans Ufer zu holen – das geht in kleinerem Maßstab, ohne Maschinen und Helfer. Mit einer Kurbelwinsch wird die schwere Jolle das Ufer hinauf gezogen, auf Rundhölzer gestützt. Dann kann abgetakelt werden und die blaue Winterpersenning kommt über das Deck. Fertig. So kann auch die Jolle die Wintermonate überstehen.
Samstagmittag, am Kai am Nord-Ostsee-Kanal: Wir stehen mit Mundschutz und Handschuhen neben dem Kran, der eng getaktet Boote aus dem Winterlager ins Wasser befördert. In Corona-Zeiten ist Abstand halten angesagt, man darf es nicht vergessen, auch niemandem die Hände schütteln. Also warten wir in respektvoller Entfernung.
Dann kommt ein Fahrzeug mit einem Spezialanhänger angerumpelt, auf dem unsere Vindö 32 “Svanen” steht. Bis zum Schluss wurde an ihr gewerkelt: Der Propeller ist ausgebaut und in Bremen überholt worden. Und immerhin fünf Seeventile, das sind die Durchbrüche im Rumpf, über die zum Beispiel das Wasser fürs Waschbecken kommt, sind ausgetauscht worden.
Das Boot hängt in den Gurten.
Rasch hängt das immerhin vier Tonnen schwere Schiff in den Gurten, die wiederum an Kranhaken hängen, und wird angehoben. Ein faszinierendes Bild: Ein schweres Segelboot, das durch die Luft schwebt, über die Kaikante, dann nach unten, ins Wasser.
Der erste Blick gilt natürlich den Seeventilen der Vindö. Der Werkstattmeister steigt ins Boot und hebt Stück für Stück die hölzernen Bodenplatten an, während “Svanen” noch in den Gurten hängt. Eigentlich hatte ich keine Zweifel: Die neuen Ventile scheinen dicht zu sein. Dann wird das Schiff ganz abgesenkt und die Gurte werden entfernt. Wir haben Kranmanöver auf der Marina Lanke Berlin am Wannsee und in Bremerhaven erlebt. Alle liefen profesionell ab. Doch die Routine und auch das Tempo, das hier an den Tag gelegt wird, dürfte kaum zu toppen sein.
Die erste Fahrt im Sonnenschein auf der Förde
Die Sonne scheint, es geht fast direkt in die Schleuse und auf der anderen Seite auf die Kieler Förde. Ruhig liegt das Schiff im Wasser, ein frischer Wind weht. Unglaublich, nach einem langen Winter und den vielen Wochen des “social distancing”. Im Sonnenlicht glänzen die Decksaufbauten der Vindö, an deren Holz wir im Winter viele Stunden geschliffen und lackiert haben.
Sieht ganz gut aus – dafür, dass wir keine Holzprofis sind, sondern, nun, “engagierte Amateure” würde ich das nennen. Und der neue Propeller lässt sich auch gut an. Jetzt liegt das Schiff wieder an seinem Liegeplatz in Kiel, sicher vertäut. Ein großes Stück Freiheit in der Corona-Krise.
Was macht der Propeller am Segelboot? Man braucht ihn zum manövrieren, zum Beispiel in der Schleuse des Nord-Ostsee-Kanals. Oder um aus dem Hafen zu kommen. Oder bei Flaute. Nun hat “Svanen” von seinem Vorbesitzer einen besonders schönen Propeller bekommen, einen “Drehflügelpropeller”. Der funktioniert so: Beim Segeln drehen sich die Blätter automatisch in Strömungsrichtung und bieten den geringsten Widerstand. Das bringt tatsächlich etwas, beim Segeln ist das Schiff tatsächlich schneller, um cirka einen Knoten. Benötigt man den Motor, drehen sich die Flügel so, dass das Schiff angetrieben wird.
Doch es gab ein Problem, das nicht so leicht zu beheben schien. Da mussten Fachbetriebe ran. Denn der Propeller passte trotz seiner aufwendigen Konstruktion nicht zum Schiff, er war schlicht zu groß für den kleinen Raum zwischen Kiel und Ruder, in dem er sich dreht (dem “Propellerbrunnen”). Sein Wirkungsgrad war also nicht optimal.
Es gab verschiedene Lösungsansätze: Ein neuer, kleinerer Propeller, doch die sind ziemlich teuer. Den Platz für den Propeller zu vergrößern. Oder diese recht intelligente Lösung: Die Yachtwerft Dick demontierte den Propeller und schickte ihn nach Bremen in die Werkstatt. Eigentlich haben wir einen “Prowell”-Propeller, auch aus Bremen, doch das Unternehmen gibt es nicht mehr. Sehr ähnlich sind aber die Propeller der SPW GmbH, die auch den Service übernommen hat.
Der optimierte Drehflügelpropeller in seinem “Propellerbrunnen”
Und dort wurden nicht nur die Flügel so verkleinert, dass sie passen, sondern auch die Steigung etwas angehoben. Das heißt, pro Umdrehung schaufelt der Propeller etwas mehr Wasser weg. Ein aufregender Punkt, denn zu viel Steigung darf es auch nicht sein, sonst wird die Kraft nicht mehr richtig übertragen. Aber offensichtlich hat man bei SPW Erfahrung mit diesem Bootstyp und konnte genaue Einstellungen vornehmen.
Nun stand “Svanen” eine Woche vor dem Krantermin immer noch ohne Propeller in der Halle. Nur die Welle ragte aus dem Rumpf. Das wäre kompliziert geworden. Aber die Montage ging dann doch schnell: Der Propeller kam aus Bremen zurück nach Kiel, wurde von der Yachtwerft Dick montiert, das Schiff konnte ins Wasser.
Ergebnis: Propeller sorgt für weniger Verbrauch
Und was für ein Unterschied: Die Vibrationen im Schiff nahmen auf der ersten Testfahrt erkennbar ab. Und durch den neuen Propeller scheint der Motor weniger zu verbrauchen, ist leiser und treibt das Schiff etwas schneller an. Ein Beispiel: Brauchte man vorher 2400 Umdrehungen pro Minute vom Motor, um auf 5,5 Knoten zu kommen, reichen jetzt schon 2000 Umdrehungen. Darüber ist man auch schnell über 6 Knoten.
Das ist eine gute Lösung, denn: In einer Bootswerft in Schweden hatte man uns vergangenen Sommer noch geraten, den Platz zu vergrößern, also das Schiff rund um den “Propellerbrunnen” aufzuschneiden – dies sei immer noch günstiger als ein neuer Propeller. Das mag eine Möglichkeit sein. Doch die Flügel zu verändern, ist eindeutig smartere die Lösung. Beeindruckend, was für High-Tech doch in einem Messingapparat unter Wasser stecken kann.
Bei einer Vindö muss man im Winter zu Schleifpapier und Lack greifen, denn die Holzteile außen wollen einen schönen UV-Schutzüberzug bekommen. Daran haben wir uns gewöhnt, doch in diesem Winter stand eine besondere Aufgabe an: Weil irgendwie Feuchtigkeit unter das “Cockpitsüll”, also die runde Einfassung der Plicht, gekrochen ist, drohte das Holz zu rotten und schwarz zu werden. Den Grund erfuhr ich im Vindö-Forum: Die Teakleiste über dem Cockpitrand ist nicht ganz dicht.
Eine größere Operation stand an. Ersteinmal die Teakleiste abschrauben. Erstaunlich, dass das noch geht nach 40 Jahren. Holzpropfen entfernen, Schrauben herausdrehen, die Leiste abnehmen.
Und dann: Schritt Eins: Mit Abbeizer den Lack runterholen. Schritt Zwei: Die Lackreste abschleifen, aber vorsichtig. Schritt Drei: Mit Oxalsäure, einem Hausmittel, haben wir versucht, die schwarzen Stellen zu entfernen. Wirkung: Fast gleich Null. Kein so tolles Hausmittel. Also doch noch einmal die Schleifmaschine.
Und dann sah endlich alles halbwegs gleichmäßig aus. Also begann der Neuaufbau der Lackschichten: Erst schön Klarlack (wir haben gute Erfahrungen mit Epifanes aus Holland gemacht) mit Mahagonibeize auftragen. Dann mehrere Schichten Klarlack mit Verdünner. Und dann eine Schicht nach der anderen. Ich hätte es ja selbst nicht geglaubt: Am Ende waren es neun Schichten Lack, die wir aufgetragen haben. Das sollte reichen für die kommende Saison. Operation abgeschlossen.