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Lockdown Nummer zwei kommt näher

Die Vorzeichen standen im Frühherbst nicht so schlecht: Der Einbruch beim Bruttoinlandsprodukt schien weniger stark, der Arbeitsmarkt zeigte sich etwas besser. Doch jetzt steigen die Infektionszahlen. Eigentlich ist klar, wohin das führt – in den zweiten Lockdown.

Die Furcht vor einem zweiten Lockdown ist schon ziemlich allgegenwärtig: Kaum ein Tag vergeht, indem nicht ein Verband, eine Unternehmensvereinigung oder Kammer vor den Folgen einer zweiten Schließung warnt. Ökonomen, Bildungsexperten, die Bundeskanzlerin selbst wissen sehr wohl um die Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft.

Gleichzeitig wird die Infektionslage immer dramatischer. Tag für Tag färben sich auf dem RKI-Dashboard beispielsweise mehr und mehr Landkreise gelb, rot und dann dunkelrot ein. Das Band der Kreise, die längst über 50 Covid-19-Fällen (je 100.000 Einwohner in sieben Tagen) sind zieht sich im Westen von Bremen und Südwestdeutschland bis Berchtesgaden, und jetzt rollt auch im Osten, wo die Infektionszahlen bislang niedrig lagen, mit der Farbe Rot die Karte von Süd nach Nord aus. Man konnte das exemplarisch an Bremen sehen, wo die “50er Marke” in der ersten Oktoberhälfte in raschen Schritten “geknackt” wurde und jetzt weit über 100 liegt.

Die Appelle wirken sehr zahm

Noch gibt es Regionen wie Schleswig-Holstein, in denen das Infektionsgeschehen niedrig ist. Wenn hierzulande Aufregung um das Überschreiten der 35er-Warnschwelle entsteht, wirkt das schon skurril im Vergleich zu Landkreisen, die gegen das Überschreiten der 100-er Schwelle kämpfen. Aber natürlich weiß jeder, dass es auch hier oben nicht so bleiben wird.

Der Satz von Markus Söder, wir seien näher an einem Lockdown als viele glauben, bekommt eine unangenehme Durchschlagskraft. Doch was haben die Appelle und Mahnungen der vergangenen Wochen gebracht? Niemand dürfe jetzt in Pandemiemüdigkeit verfallen, sagte Ministerpräsident Daniel Günther gerade erst. Das sei für jeden eine Herausforderung, er empfehle Masken zu tragen und die Aha-Regeln zu befolgen. Das sind freundliche Worte an die Bürger gerichtet, die aber angesichts des Infektionsgeschehens doch sehr milde wirken. Günther gibt fast schon den Anti-Söder, mit freundlichen Appellen, die gegen scharfe Warnungen stehen.

Was wird vom Silberstreif am Horizont bleiben?

Die Analysen zur wirtschaftlichen Lage, die wir in den vergangenen Wochen auf den Schreibtisch bekamen, hatten eine optimistische Tendenz. Am Arbeitsmarkt zeige sich ein Silberstreif am Horizont, der heller werde, hieß es beispielsweise in der Regionalanalyse der Agentur für Arbeit. Das sehr präzis arbeitende Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) rechnete mit einem kleineren Einbruch des Bruttoinlandsproduktes als erwartet. Auch die jüngste Umfrage der Industrie- und Handelskammern zeigte, dass die Erwartungen vieler Unternehmer besser wurden.

Hoffen wir, dass davon etwas bleibt, wenn das Infektionsgeschehen ungebrochen so weiter gehen sollte. Es gibt sehr wenige Landkreise, in denen die 7-Tage-Inzidenz gesunken ist. Und dort wo dies geschah, im Landkreis Friesland etwa, sind die Zahlen nach einigem Auf und Ab wieder angestiegen. Die Mahnungen, sich an die Regeln zu halten und die Warnungen vor einem zweiten Lockdown sind ohne Zweifel richtig. Doch es wäre langsam eher an der Zeit, die Vorbereitungen für den zweiten Lockdown anzugehen – und dabei die Öffentlichkeit ebenso einzubeziehen wie das Parlament.

Mit einer durchdachten Vorbereitung wären die Folgen besser abzumildern, als wenn das Thema ausgegrenzt wird. Bei 20.000 Neuinfektionen am Tag brechen die Gesundheitsämter zusammen, warnte der Präsident des Robert-Koch-Instituts. Wir bewegen uns mit großen Schritten dorthin. Am Sonnabend, 24. Oktober, waren es knapp 15000. Wo stehen in Zahlen in einer Woche? Schauen Sie selbst nach im Dashboard.

Öpckdown vor einem Einkaufszentrum
Leerer Parkplatz: Der Lockdown vor einem Einkaufszentrum im Frühjahr. Foto: pixabay / Eugen Visan

Sicher Segeln – bis zum Hafen

In Warnemünde auf der Promenade ist die Hölle los. Menschen bummeln in Gruppen auf und ab, drängen sich in die Geschäfte, Mindestabstand scheint ein Fremdwort zu sein. Das ist der Sommerurlaub 2020 in Corona-Zeiten. Unser Segelboot liegt unterdessen in der Hohen Dühne, auf der anderen Seite der Warnow. Das ist eine andere Welt: Schätzungsweise nur die Hälfte der Liegeplätze ist belegt, die Promenade ist leer, im Hotel haben nur einige Restaurants geöffnet.

Mit gefällt das ganz gut, habe ich doch einige Videokonferenzen auf dem Plan, und da passt die etwas leere, “businesslike” Atmosphäre in der Hohen Düne gut. Die Kajüte muss ich abdunkeln, die Lüftung voll aufdrehen, während die Sonne auf das Kajütdach knallt, dafür funkt die LTE-Verbindung weitgehend stabil. Ein schnelles Wlan mit dem man solche Konferenzen durchführen könnte ist, nebenbei bemerkt, in fast allen Yachthäfen nicht vorhanden. Aber das schwimmende Büro ist mit dem Laptop auf der Ostsee einsatzbereit.

Mit dem Segelboot die Küste entlang

“Svanen” hat viel Platz in der Hohen Dühne

In diesem Sommer führt uns der Törn von Kiel aus nach Mecklenburg, die Ostseeküste entlang, bevor wir von Warnemünde abbiegen und über Gedser, den Guldborg-Sund, Nykoebing-Falster und Femoe in den großen Belt abbiegen. Eigentlich sollte es ja nach Schweden gehen, aber daran war angesichts der Quarantänebestimmungen für Urlaubsrückkehrer nicht zu denken.

Dänemark hat den Bogen raus, könnte man sagen. Obwohl es im Alltag etwas mehr Freiheiten gibt, keine Maskenpflicht etwa, liegen die Infektionszahlen etwas niedriger als bei uns. Anders als in Warnemünde werden in den Städten die Abstände eingehalten, in Geschäften, Cafes und Restaurants stehen Desinfektionsmittel bereit. In Nykoebing-Falster begrüßt uns der Bademeister des örtlichen Hallenbades hocherfreut: “Endlich Kundschaft” sagt er und führt durch das kleine, hübsche und saubere Bad, während es draußen in Strömen regnet.

Auch wenn es sicher ist, mit dem Segelboot zu reisen, gibt es Schwachpunkte in Corona-Zeiten: In den deutschen Ostseehäfen hört die Sicherheit in den Häfen oft auf, genauer gesagt in den sanitären Anlagen. Waren diese schon vor Corona oftmals ein Schwachpunkt, was die Sauberkeit angeht, fällt das jetzt besonders auf. Viele sind nach wie vor voll und ungepflegt. In einem Hafen in Mecklenburg gebe ich es auf: Lieber gleich ins Meer springen. Wenn irgendwo Infektionsgefahr lauert, dann in diesen Anlagen. Für die überaus gepflegte Hohe Dühne trifft das glücklicherweise nicht zu.

Sicherheit ist in dänischen Häfen größer

Das wird in Dänemark aber meist anders gehandhabt: Dort sieht man tatsächlich drei Mal am Tag Reinigungskräfte die gesamten Anlagen desinfizieren. Penibel wird auf Sauberkeit geachtet. Trotzdem sind die Häfen oft leer. Aus vergangenen Törns wissen wir, dass es mitten im Sommer schwierig sein kann, nach 18 Uhr einen Hafen anzulaufen, weil die meisten Liegeplätze belegt sind. Jetzt finden wie in den schönsten Häfen rund um Fünen eigentlich immer freie Plätze. Einzig Juelsminde und Middelfahrt sind voller.

Der Skipper an Bord.

In einem großen Bogen rund um Fünen führt uns die Reise über den Kleinen Belt nach Kiel zurück. Assens und dann der Als-Sund nach Sonderborg stehen noch auf dem Programm. Dazwischen gibt es reichlich stürmisches Wetter mit Regenschauern und viel Wind. Das ist kein Problem mit unserer Vindö, einzig wenn der Autopilot nicht mehr zuverlässig arbeitet, wird das Steuern bei Windstärke 6 etwas anstregend. Dafür sind wir schnell.

Mit dem Segelboot unterwegs zu sein scheint das ideale Verkehrsmittel in diesen Corona-Zeiten zu sein: “Social Distancing” ist auf dem Meer nun wirklich kein Problem, man reist aber in enger Verbindung zur Natur und kann nach Herzenslust Häfen anlaufen, zumindest an der Ostsee, in Deutschland und Dänemark.