Ein Gruß von Helgoland

Wenn das Wasser der Nordsee blau statt grau wird, wenn die rote Tonne Vier auf der Elbe hinter uns liegt und die “Außenreede Elbe” an Backbord liegen bleibt, wenn die Dünung sich sanft neigt und Kurs Nordost anliegt, dann ist klar: Bald kommt Helgoland in Sicht. Im Mai haben wir die Gelegenheit ergriffen und dem Felsen einen Besuch abgestattet. Es kommt vor allem auf das Wetter an, wenn man mit einem knapp neun Meter langem Segelboot dort hinreist. Wir hatten Glück: Vor unserem Besuch war das Wetterfenster günstig, während unseres Aufenthaltes stürmte es, danach wurde es wieder ruhig.

Dann ist die Fahrt nicht weiter dramatisch: Von Hamburg nutzten wir die Strömung, um in einem Zug nach Cuxhaven zu kommen. Segelt man los, bevor der “Strom kentert”, also noch eine Weile gegen an, klappt das, wie wir erleben konnten. Vor Cuxhaven “läuft” die Elbe eine Weile nach, aber es reichte gerade, um sicher in den Yachthafen zu kommen. Wenn die Bedingungen nicht so günstig sind, wird man im Allgemeinen aber nicht in “einem Rutsch” bis zur Elbmündung kommen. Von Cuxhaven aus segelt man dann auf die Außenelbe, biegt an der Rede nach Steuerbord ab – und Helgoland kommt nach einigen Stunden in Sicht.

Der Wind pfeift durch den Hafen von Helgoland

Im Hafen pfiff der Wind mit Windstärke sieben, aber glücklicherweise hielten die Leinen. Die dicken Ruckdämpfer aus Gummi nahmen die schweren Stöße weg. Wenn es gar nicht mehr ging, haben wir uns ins Meerwasser-Schwimmbad oder in den Lesesaal der Bücherei zurückgezogen. Die Gastronomie auf Helgoland hat sich nicht unbedingt zum Besseren gewandelt, wie wir feststellen mussten. Im Oberland gibt es aber einige nette Lokale, in denen man passabel essen kann.

Die letzte Reise nach Helgoland von Bremerhaven aus liegt nun schon einige Jahre zurück, wie ich in dem Buch “Der Törn vom Haff ins Watt” beschrieben hatte. Von Cuxhaven ist die Strecke doch ein gutes Stück kürzer und die Insel ist schneller zu erreichen. Wir haben uns vorgenommen: Da kommen wir wieder. Denn der Törn bietet schon ein wenig Hochsee auf der Nordsee – vorausgesetzt das Wetter passt. Aber milder als im Ärmelkanal (nachzulesen in dem Buch “Zwei Hamburger segeln nach Harwich“) ist es dort allemal, auch wenn die Elbe eine viel stärkere Strömung zu bieten hat. Mit guter Planung und dem richtigen Wetter lohnt der Besuch aber allemal!

Nahe Null Grad in der Bootshalle

Wie warm ist es heute eigentlich? Nur fünf Grad sollen das sein? Und wie wird es morgen? Was, nur vier Grad sind angesagt? So sahen die Bootsarbeiten, die bei uns im Winter anstehen, in diesem “Frühjahr” aus: Ein kalter März, in dem bisher nicht viel zu machen war. Gewiss, Schleifen kann man auch bei niedrigen Temperaturen. Aber mit dem Lack wird das schwierig.

Dabei müssen wir auch in dieser “Wintersaison” wieder einiges auf unserer Vindö 32 erledigen. Denn schließlich verlangt der Langkieler von 1980 Aufmerksamkeit. Und die Vindös sind da etwas anspruchsvoller. Fangen wir mit dem Unterwasserschiff an: Na gut, Antifouling muss auch auf einer modernen Yacht gestrichen werden. Aber die Länge des Langkielers erfordert einige Pinselstriche mehr. Der Propeller muss eingefettet und mit einer “Anode” versehen werden, damit die Ströme im Wasser ihn nicht auffressen.

Die Packung warnt: Nur über 12 Grad verarbeiten

Aber so richtig lustig wird es an Deck des Bootes, das gerade in einer Bootshalle am Nord-Ostsee-Kanal steht: Alle Decksaufbauten sind aus Mahagoni, das zwar seit über 40 Jahren gut hält, aber jede Saison abgeschliffen und lackiert werden will. Das Teakholz im Cockpit muss eingeölt werden. Und am Kajütaufbau steht die Überarbeitung der Fugen an. Auf der Packung mit der Dichtungsmasse von Sikaflex steht schon geschrieben, man solle sie nicht unter 12 Grad verarbeiten. Ebenso sieht es beim Antifouling aus (nicht unter sechs Grad) und beim Lack (auch nicht unter sechs Grad).

Was macht man nun, wenn es in der Halle nicht wärmer als vier Grad werden will? Ein Nachbar hat es ausprobiert und seinen Langkieler bei plus vier Grad gestrichen. “Das ging, aber die Farbe blieb ziemlich zäh”, berichtet er uns später. Nein, das wollten wir uns ersparen. Wir lauerten lieber auf besseres Wetter. Manche Winterlager bieten auch geheizte Hallen zum Arbeiten an. Eigentlich gar nicht so schlecht würde ich heute, nach diesem nassen und kalten Winter, sagen.

Wir ergriffen die Chance am richtigen Tag

Dann kam der Tag, an dem starker Wind ungewöhnlich hohe Temperaturen über den Norden fegte. Draußen kletterte das Thermometer auf 16 Grad an und sogar in der Halle war es 12 Grad warm. Jetzt mussten wir alles auf einmal erledigen: 12 Grad ist das richtige Niveau für das Sikaflex an den Fugen und für das Antifouling am Schiffsrumpf. Nun dauern diese Arbeiten viele Stunden an. Doch am nächsten Tag, während draußen am Nord-Ostsee-Kanal wieder nur sechs Grad herrschten, blieb drinnen in der Halle noch etwas Wärme stehen. Bei neun Grad strich ich das vorher abgeschliffene Mahagoni einmal komplett durch.

So haben wir es auch schon in diesem Winter schon fast wieder geschafft, die Vindö auf Vordermann zu bringen: Alle Vorbereitungen bei nasskaltem Wetter erledigt und als es dann endlich ging, haben wir zugeschlagen. Das konnte ich parallel zum Erscheinen meines neuen Reisebuchs unter Segeln erledigen, “Zwei Hamburger segeln nach Harwich”, über das es hier mehr zu lesen gibt. Das Boot, mit dem wir auf die große Reise nach England gingen, ist nun wieder hergerichtet. Einige Kleinigkeiten noch – dann können wir wieder die Saison begrüßen.

Harwich ist im Handel

Eine humorvolle und unterhaltsame Reise entlang der Küste Südenglands – aus der Perspektive an der Pinne: Das ist das neue “Reisebuch unter Segeln”, das den Titel “Zwei Hamburger segeln nach Harwich – und reisen die Themse hinauf bis Oxford” trägt. Es ist Reisebuch für alle, die Englands Südosten kennenlernen möchten – kurzweilig, humorvoll und ironisch.

Das Buch kommt jetzt in den Handel, bei Amazon gibt es bereits die Print-Ausgabe und das Kindle E-Book. Mehr Informationen gibt es auf dieser Seite zum Buch. Und auch bei Apple ist das E-Book schon erhältlich.

Das Reisebuch von der englischen Küste

Die Veröffentlichung des neuen Buchs rückt näher: “Zwei Hamburger segeln nach Harwich – und reisen die Themse hinauf bis Oxford” lautet der Titel. Bald kann der Vertrieb beginnen: Das Manuskript hat das Lektorat absolviert und das Design des Covers ist abgeschlossen.

England als Reiseziel ist anders, erst recht, wenn es um eine Segelreise geht: Nachdem wir uns durch hohe Wellen im Ärmelkanal gekämpft haben, auf dem Weg von Hamburg nach Großbritannien, erwartet uns auch an Land eine ganz andere Welt. Von den Kuriositäten der großen Seebäder wie Brighton und Eastbourne über die Mündung der Themse bis London und schließlich an der Ostküste in Harwich geht die Fahrt. Das neue “Reisebuch unter Segeln” berichtet nicht nur vom Törn, sondern auch vom Land, von den Orten und ihrer Geschichte.

Für alle Fans der britischen Insel

Das ist ein kurzweiliges und humorvolles England-Buch, bei dem der Südosten im Mittelpunkt steht – geschrieben für alle Freunde der britischen Insel. Speziell für Seglerinnen und Segler gibt es diesmal einen Anhang, in dem die nautischen Informationen zu den Reisezielen zu finden sind, ebenso die Hafenpläne unserer wichtigsten Stationen.

Das Buch kommt in wenigen Tagen in den Buchhandel, und wird dann bei Amazon, Thalia und vielen anderen Shops erhältlich sein. Wer nicht abwarten möchte: Bei Apple Books gibt es das E-Book schon vorab. Sobald der allgemeine Verkauf der gedruckten Ausgabe und der weiteren E-Books startet, werden wir dies ankündigen. Viel Vorfreude oder auch schon Spaß beim Lesen!

Zwei Hamburger segeln nach Harwich Buchcover

Ein neues “Reisebuch unter Segeln”

In diesem Buch stecken viele Geschichten von den Küsten Nordeuropas und vom Meer: Eine weite Reise hat uns über die Nordsee nach England geführt. Das Manuskript ist nun fertig geschrieben, jetzt hat der Lektor das Wort. Und dann schließen sich natürlich viele Korrekturdurchläufe an: Am Bildschirm, aber auch auf Papier, wo man bekanntlich besser lesen kann.

Bis das Werk fertig, das Cover gestaltet, der finale Titel festgelegt ist, wird also noch ein wenig Wasser die Elbe, oder eben die Themse, hinunterfließen. Aber im Frühjahr 2023 soll es so weit sein: Dann kommt das nächste “Reisebuch unter Segeln” in der Edition Svanen in den Handel.

“PBO” Reports on our Trip to Haparanda

A great report about our sailing trip to Haparanda is in the new issue of Practical Boat Owner, PBO, Britain’s best-selling yachting magazine. The nice layout of the text is underlined by some pretty photos. Included is a map showing the trip between Sweden and Finland. The article is a compact report on our journey, which I describe in detail in the book “Sailing to Scandinavia – a journey to the end of the Baltic Sea“.

A long voyage across the Baltic Sea could also be interesting for sailors from the British Isles. Especially because there are no tides on the Baltic. What that means knows anyone who has ever sailed off the coasts of England. Because up in the Baltic you can put away the tide calendar and concentrate exclusively on wind and weather.

Heading to port after small mishaps

Another focus of the article in PBO is on the small and not so small mishaps that happened to us on the long journey: from the broken shaft of the outboard to the torn main halyard on the mast. But you can get through such events if you keep a cool head. Then you head for the next port and there very calmly get on with the repairs. We did this a few times and always came safe into the next harbour.

I myself think that “Practical Boat Owner”, or “PBO” for short, is one of the most interesting sailing magazines. The exciting reports, the practical tips on sailing and boat repairs make every issue of PBO worth reading. So it’s all the nicer to now be represented in it myself. Moreover, it was also fun and uncomplicated to work with the great editorial team.

If all this has made you curious, you might want to take a look at the book. Even more so because there is now an expanded edition, you can order it through here or ask for “Sailing to Scandinavia”, published by Edition Svanen (ISBN 978-3982513805), in your nearest bookshop. The magazine “Practical Boat Owner” can be ordered here, the February issue contains the three-page-article, in the printed edition or the e-paper, of course.

 

“Sailing to Scandinavia” in Bookstores

The book of our journey to the end of the Baltic Sea is now available in Bookstores throughout Europe and North America. It’s listed in the Ingram catalog for expanded distribution. So you can order it at shops like Waterstones or Blackwells in the UK (we visited the impressive Blackwells in Oxford, shown in the picture, this summer and went to quite a few Waterstones).

But you can get the book now in stores in France, Germany (for example at Thalia), in Sweden or Poland, just to name a few countries. It’s listed with the ISBN 978-3982513805 and the imprint and publisher is Edition Svanen. Of course there are always the editions you can get at Amazon. The expanded edition of the book contains chapters about Hamburg and Copenhagen, and you can get all the details and more links to retailers on this page.

Wie der Bildband aus Haparanda entstand

Die Kamera war immer mit an Bord. Meist lag das empfindliche Gerät im Cockpit, wenn wir auf Reisen waren, einigermaßen geschützt unter der Sprayhood, vorne, wo nicht ganz wo viel Wasser hinkam. Das hat die kleine Sony auch bis nach Haparanda und zurück schadlos überstanden. Und auch das Foto-Smartphone, das wenigstens wasserdicht ist, war mit dabei, auch an Land. So kamen über die Jahre Tausende Fotos zusammen, alle bearbeitet, alle fein säuberlich auf dem Rechner sortiert und auf der Festplatte gespeichert.

Doch wie kann man solche Fotos richtig in Szene setzen? Elektronisch, im Netz, auf dem Blog zum Beispiel, ist das ja kein Problem. In Bildergalerien lassen sich eine Menge Fotos zeigen, die dann auf dem Bildschirm eines Tablets, eines Smartphones oder Desktops strahlend leuchten. Aber muss man Fotos nicht auch in Print zeigen? Ist es nicht gerade reizvoll, durch Aufnahmen blättern zu können, Seite für Seite, um einen Eindruck vom Segeln und den Häfen zu bekommen?

In meinen gedruckten Büchern gibt es zunächst einmal Schwarzweiß-Druck. Mit einer Ausnahme: Es gibt eine Ausgabe von “Zwei Hamburger segeln nach Haparanda” mit Farbseiten, das ist diejenige, die im Buchhandel vertrieben wird (ISBN 978-3-7546-3360-1). Doch bei einer Seitengroße von 21 * 14,8 Zentimetern sind die Bilder recht klein.

Wie nur die Bilder aus Haparanda präsentieren?

Also suchte ich nach Möglichkeiten, einen qualitativ ansehnlichen Bildband herzustellen, der gleichzeitig im Verkaufspreis noch erschwinglich ist. Der Markt bietet da eine riesige Auswahl an “Fotobüchern”, doch am Ende sind die meisten davon fragwürdige Angebote. Denn man müsste einen Verkaufspreis zwischen 40 und 50 Euro ansetzen, damit sich die Produktion überhaupt noch einigermaßen lohnt. Die Ausnahme fand sich (wieder einmal) bei Amazon kdp: Der Druckdienstleister dort kann Bildbände produzieren, die einerseits preisgünstig als Taschenbuch gedruckt werden. Andererseits liefert der “Druck in Premiumfarbe” sehr schöne Ergebnisse. Und drittens sind originelle Formate erhältlich, wie ein quadratisches Format mit 21,59 * 21,59 Zentimetern, das groß genug für einen kleinen Bildband erscheint.

Ich machte das Layout und wählte die Bilder aus, eine abwechslungsreiche Mischung aus Aufnahmen unserer Segeltörns nach Skandinavien, mit unserem neuen und unserem alten Segelboot. Dann brachte ich noch ein ganz klein wenig Bildbearbeitung mit ein und bestellte erneut einen Probedruck. Dieser war ziemlich überzeugend: Die Farbwiedergabe ist gut, die Druckqualität ordentlich und die Preisgestaltung des Farbdrucks so, dass ich das Buch mit 123 Seiten für einen Preis von 21,95 Euro anbieten kann – was für ein Taschenbuch nicht günstig, für einen kleinen Bildband aber sehr, sehr günstig ist.

Die Küste aus der Seglerprespektive

Also “mischte” ich die Fotos wieder etwas anders ab, pausierte etwas, layoutete neu, arrangierte neu und schrieb schließlich die Bildunterschriften. Herausgekommen ist am Ende ein schöner Bildband, der auf seinen 123 Seiten über 170 Fotos präsentiert. Wer gerne einmal sehen möchte, wie es da oben in Skandinavien, an der Küste Norbottens im Bottnischen Meerbusen oder im Oslofjord aus der Seglerperspektive aussieht, der sollte einen Blick darauf werfen. Den Bildband gibt es in einer Ausgabe mit deutschen Texten (Bestellmöglichkeiten gibt es hier) und mit englischen Texten (hier geht es zur Bestellung). Viel Spaß beim Stöbern!

Durch Hamburg auf der Elbe

Im Buch “Der Törn vom Haff ins Watt” sind wir durch Hamburg gefahren, und zwar einmal von Ost nach West: Über die Schleuse Geesthacht ging es mit der “Seestern” auf die Elbe, die ab dort den Gezeiten unterliegt. Natürlich kamen wir bei Flut aus dem großen Schleusentor und fuhren mit dem ablaufenden Wasser durch die Vier- und Marschlande. Weiter fuhren wir einmal quer durch den Hamburg Hafen über die Norderelbe – von der Wasserkunst Kaltehofe, entlang der Überseebrücke mit der “Cap San Diego” und der “Rickmer Rickmers”, den Landungsbrücken und dem Övelgönner Museumshafen. Von dort an passierten wir die Hamburger Elbvororte, über Teufelsbrück und Blankenese ging der Törn nach Wedel.

In dem Buch, das den Bogen von der Ostsee zur Nordsee spannt, nimmt Hamburg einen breiten Raum ein, mit vielen Anekdoten und unterhaltsamen Geschichten, etwa über die Segelboote, die speziell für die Elbe gebaut wurden oder die Historie des Yachtsegelns an Elbe und Alster. Schön, dass der “Klönschnack”, das Magazin für den Hamburger Westen, auch über das Buch berichtet hat – in seiner Juliausgabe (siehe Foto). Hier gibt es auch den Link zum ISSUU-Reader, auf dem die Ausgabe eingesehen werden kann; die Buchvorstellung steht auf Seite 58.

Die Elbe gegen den Strom

Mit gewaltiger Kraft rauscht die Elbe dem Segelboot entgegen, nur ganz langsam geht es an Neuwerk vorbei in der Mündung der Elbe. Da braucht es Stunden, um von Scharhörn nach Cuxhaven zu segeln. Dazu bricht auch noch die Dunkelheit herein.

Immer wieder hört man es, immer wieder liest man es: Die Elbe gegen den Strom hinauf zu segeln, sollte man besser sein lassen. An Land hören sich solche Ratschläge gut an. Was aber, wenn es gar nicht anders geht? Und wenn dazu noch die Dunkelheit hereinbricht, auch wenn vor der Ansteuerung Cuxhavens bei Nacht gewarnt wird? Manchmal muss man da durch, allen klugen Ratschlägen zum Trotz.

Auf dem Weg aus dem Wattenmeer brauche ich Zeit, bis die Flut kommt und wieder so viel Wasser in den kleinen Hafen läuft, dass “Svanen” wieder schwimmt. Vorher saß sie auf dem weichen Schlick auf. Doch das zieht sich den ganzen Vormittag über hin. Eigentlich zu spät, kann ich sicher ablegen, ohne gleich im Hafen stecken zu bleiben. Bis Scharhörnriff ist es eine sehr schnelle Fahrt: Frischer Wind weht aus der richtigen Richtung, alle Segel sind oben, ich komme auf ein Tempo von 6,8 bis 7 Knoten durchs Wasser. Immer wieder ist es erstaunlich, wie schnell so ein älterer Langkieler sein kann, wenn genug Wind weht.

Vor Scharhörn ist alles noch in Ordnung

Doch das war die Geschwindigkeit durchs Wasser, nicht über Grund – eine Unterscheidung, die in Tidenrevieren wie der Nordsee ja essenziell ist. Also: “Svanen” fährt nur mit fünf Knoten über Grund, weil die Flut nun gehörig in die Deutsche Bucht hineinfließt. Die sieben Knoten kann ich auf der Logge beobachten und mich an diesem eher theoretischen Wert erfreuen. Aber immerhin: Würde ich nur sechs Knoten durchs Wasser laufen, würden nur noch vier über Grund übrig bleiben.

Man braucht auf der Nordsee einfach ein schnelles Schiff, gerade wenn man gegen die Tide unterwegs ist. Bis Scharhörn geht das alles noch. Beim “Einbiegen” auf die Außenelbe fahre ich bei schönstem Sonnenschein, es ist Nachmittag geworden, an einem Forschungsschiff des BSH vorbei. Seine Beiboote, die “Komet 2” und “Komet 3” tasten in langen Schleifen die Sandbänke ab, um diese zu vermessen.

Neben dem Fahrwasser ist genug Platz

Es folgt der dichte Schifffahrtsverkehr auf der Außenelbe, in Richtung Cuxhaven, aber auch hinaus aufs Meer. Tanker passieren mich, Containerschiffe, davon einige richtig große, auch die Helgolandfähre kommt vorbei gedampft. Ein großer Pluspunkt: Der Streifen neben dem eigentlichen Fahrwasser ist so breit, dass man als Segelboot noch gut dort segeln kann und mit dem Fahrwasser zwischen den roten und grünen Tonnen gar nicht in Berührung kommt. Es sei denn, man müsste kreuzen.

Doch die Windrichtung stimmt noch, ich kann weiter mit “Svanen” auf der Außenelbe segeln. Aber was ist das? Als die Insel Scharhörn mit ihren Sandbänken an Steuerbord auftaucht, wird der Strom stärker. Jetzt steht er mit 2,5 Knoten gegen mich. Was macht das noch über Grund? Na ja, da bleiben noch 3,5 Knoten übrig. So schnell segelt das Boot nicht mehr, der Wind hat etwas nachgelassen. Aber mit 3,5 Knoten kann man auch Cuxhaven erreichen, denke ich mir, es dauert eben nur etwas länger.

Es sollte sich zeigen: von Wegen. Die Strömung steigt an, immer mehr Wasser fließt aus der Elbe hinaus aufs offene Meer. Hinter Scharhörn sind es erst 3, dann 3,5 Knoten gegen an. Ich muss die Maschine starten, um beim Segeln etwas nachzuhelfen. So komme ich zwar wieder auf sieben Knoten durchs Wasser, von denen aber nur noch 3,5 Knoten übrig bleiben. In solchen Momenten erübrigt sich natürlich jede Diskussion, ob Segel oder Maschine – man braucht schlicht alles, was Tempo macht.

Es bleibt kaum noch Tempo über Grund übrig

Es wird langsam dunkel, die Sonne schickt sich an, über dem Horizont im Westen unterzugehen. Die Schiffe haben bereits ihre Positionslaternen eingeschaltet. Es soll hier eine Stelle im Watt geben, wo Skipper, die es nicht mehr gegen den Strom nach Cuxhaven schaffen, übernachten könnten. In einem Pril sicher festmachen, das hätte schon etwas. Aber vor mir taucht doch bereits Cuxhaven auf, es scheint ja schon zum Greifen nahe. Man sieht die Küste, an Steuerbord Neuwerk, dort hinten den langen Leitdamm, der neben dem Strand aufs Meer hinauf führt.

Als ob die Elbe das geahnt hätte, als ob sie einem eine besonders kniffelige Aufgabe stellen wollte: Sie dreht auf, erst sind es 4,5 und dann satte fünf Knoten Strömung gegen an. Von meinen schönen sieben Knoten bleiben nur noch zwei übrig. Einige Minuten später fahre ich nur noch 1,6 Knoten über Grund. Wie lange soll die Fahrt bis zum sicheren Hafen jetzt noch dauern? Der Plotter kennt die Ankunftszeit auf der Route: 22.30 Uhr zeigt er an, obwohl es doch gerade einmal 19 Uhr ist und das Land schon so nahe erscheint. Aber er schätzt ja nur die Entfernung gegenüber der Fahrt über Grund, und so bleibt Hoffnung, dass der Strom noch nachlässt.

Die Navigationslichter gehen auf der Elbe an

Jetzt bin ich wenigstens gewappnet und weiß, was da auf mich zukommt. Glücklicherweise lässt der Strom wieder ein wenig nach. Aber mehr als 2 Knoten über Grund sind hier nicht mehr zu machen. Die Sonne ist längst versunken, ich schalte die Navigationslaternen ein. Erst geht die “Dampferlaterne” am Mast nicht an, dabei hatte ich doch jüngst erst die Kabel kontrolliert. Zunächst muss die Deckbeleuchtung dafür herhalten, die auch nach vorne abstrahlt. Dann aber, das erste positive Zeichen, geht sie doch an: “Svanen” leuchtet hell in der Elbmündung, rot, grün und weiß.

Ein Blick auf die Instrumente: 1,6 Knoten (links) macht “Svanen” nur noch über Grund, 6,8 sind es durchs Wasser

Unheimlich ist das ganze eigentlich nicht: Zwar wird es jetzt Nacht, aber die Schiffe und die Seezeichen sind sehr deutlich auszumachen. Es blinkt und blitzt von allen Seiten und dazwischen sieht man sehr schön die anderen Schiffe. Zumal kein Freizeitverkehr um diese Zeit hier noch unterwegs zu sein scheint, nur die Berufsschifffahrt, die kontinuierlich an mir vorbeizieht. Jetzt noch schnelle Motorboote, die von allen Seiten kommen, das müsste doch nicht sein.

Einen Frachter auszumachen, seine Richtung zu bestimmen und die Geschwindigkeit abzuschätzen fällt erstaunlich leicht bei Nacht. Ich denke an die Warnung im Törnführer: Cuxhaven solle man nicht bei Nacht anlaufen. Aber wie schon oben geschrieben: Manchmal bleibt einem einfach nichts anderes übrig.

In den Flussmündungen ist die Strömung entscheidend

Bei Segeltörns auf der Nordsee muss man einfach sehr viele Faktoren “unter einen Hut” bringen. Auf der Ostsee kümmert man sich in erster Linie um das Wetter, also um die Windstärke, die Windrichtung, die Wellenhöhe und vielleicht noch darum, ob es regnet oder trocken ist. So kann man sehr komfortabel bis nach Schweden und Finnland segeln. Und selbst wenn es in den Oslofjord geht, wie in dem Buch “Vom Öresund zum Oslofjord”, sind die navigatorischen Bedingungen viel einfacher als hier auf der Nordsee.

Zum Wetter kommen dann eben noch Ebbe und Flut dazu, die bestimmen, wann man flache Häfen im Watt anlaufen kann und wann man wieder aus ihnen herauskommt. Und in den Flussmündungen zwischen Eider und Ems ist natürlich die Strömung noch entscheidend. Alles haben wir schon erlebt: Mit bis zu zehn Knoten kann man die Elbe hinab rauschen, wenn man mit dem Strom segeln kann.

Schöne Fahrten haben wir vor einigen Jahren von Bremen aus unternommen, die ich in “Der Törn vom Haff ins Watt” schildere. Aber jetzt ist es unangenehm, gegen anzufahren. Auf die Tageszeit, sprich, Dunkelheit, kann man da nicht mehr viel Rücksicht nehmen. Hier kommt noch dazu, dass das Wetter sich in den nächsten Tagen noch verschlechtern soll. Es war also zwingend notwendig, sich auf die Reise zu machen, selbst wenn der Strom dagegen steht.

Gewaltige Kräfte wirken auf der Elbe

Zum Segeln ist jetzt zu wenig Wind, und die Fahrtrichtung geht genau in den Wind hinein. Bei Dunkelheit im Fahrwasser kreuzen, das muss ich mir doch schenken. Ich berge die Segel: Die Rollfock wird einfach aufgerollt, das Groß fällt auf den Baum und wird dort gut festgezurrt. Ich muss die Drehzahl vom Diesel erhöhen, dann schafft er es noch, das Boot auf 6,8 Knoten zu bringen.

Bei Nacht sind die Seezeichen gut zu erkennen, wie die Langzeitbelichtung zeigt

Unheimlich scheinen die Kräfte, die hier herrschen: Mit großer Bugwelle fährt “Svanen” in den Strom, der mit immer noch fünf Knoten vorbeirauscht. Darin mache ich noch 1,8 Knoten Fahrt über Grund. Langsam, nur ganz langsam, schiebt sich “Svanen” Cuxhaven näher. Stunde um Stunde vergeht so auf der Außenelbe. Endlich ist der Leitdamm vorüber und die Kugelbake taucht an Steuerbord auf. Dabei ist sie kaum auszumachen: Man sieht nur ein dunkles Gerüst in den Nachthimmel ragen. Dazwischen funkeln einige Besucher mit ihren Taschenlampen herum, was auf dem Wasser schon etwas irritierend sein kann. Eigentlich schade, dass die Bake nicht beleuchtet ist, anders als die vielen “echten” Seezeichen und Tonnen. Ich bin froh, als ich mitten im rauschenden Wasser die Kugelbake passiere.

Jetzt ist es nur noch ein kurzes Stück bis zum Yachthafen, gleich hinter dem Fährhafen. Das geht auch noch vorüber, hier auf der dunklen Elbe. Unheimlich ist es noch einmal, bei der starken Strömung in die Einfahrt zum Yachthafen einzubiegen. Zack, Ruder herum geschwenkt, das Schiff dreht ein und schlagartig lässt der Strom nach.

Ein freundlicher Segler nimmt die Leinen an

Ich fahre noch die Stege entlang , bis ein freundlicher Segler aus den Niederlanden auf einen Platz deutet: “Hier ist noch frei”, ruft er, und hilft, die Leinen anzunehmen. Die Vindö ist schnell vertäut, am Schwimmsteg an der Seite und vorne. Das Schiff liegt fest. Langsam lässt die Anspannung nach. Es ist tatsächlich 22.30 Uhr geworden, wie ich beim “Schnack” mit dem Holländer feststelle. Um 17.00 Uhr hatte ich Scharhörnriff erreicht. Meine Güte, was hat mir die Elbe da Wassermassen entgegengeworfen. So viel Strömung, dass ich buchstäblich nach Cuxhaven gekrochen bin. Fünfeinhalb Stunden für die Anfahrt auf der Außenelbe.

Doch dieses Erlebnis hat auch etwas Befreiendes: So sieht es also aus, wenn man gegen die Strömung die Elbe hinauffährt. So ist also der schlimmste Punkt, wenn der Wind nicht mehr passt zum Segeln, wenn der Strom gegen an seine höchste Geschwindigkeit erreicht und es auch noch Nacht wird. Das ist machbar, denke ich, wenn auch knapp. Was soll da noch passieren?

Nun, nicht so ganz. Jeder Nordseesegler wird wissen, was da noch so alles passieren kann. Zum Beispiel, wenn der Wind noch gegen den Strom gestanden hätte und sich fiese Wellen in der Elbmündung aufgebaut hätten. Dann wäre die Anfahrt noch wesentlich aufreibender geworden. Auch das ist uns passiert – aber das ist eine andere Geschichte. Nur so viel: Es ging, weil es manchmal einfach gehen muss.

Mehr Geschichten über die Nordsee gibt es in dem Buch “Der Törn vom Haff ins Watt” – und demnächst in einem weiteren Band aus der Reihe “Reisebücher unter Segeln”.