Nach fast zwei Monaten Shutdown öffnen die Restaurants auch im Norden wieder – über Erfolg oder Misserfolg entscheiden dabei nicht die Behörden. Ein Kommentar.
Da ging schon wieder etwas: Direkt am Hafen hatte der Wirt eines Lokals seine Fenster geöffnet und verkaufte Fischbrötchen. Eine echte Erleichterung, wenn man den Kocher – ob zu Hause oder an Bord – einmal kalt lassen möchte. Die Karte ist klein, aber jede Kleinigkeit freut die Gäste nach Wochen des Stillstandes. Doch er musste natürlich peinlichst genau darauf achten, dass niemand vor seinem improvisierten “Take away”-Fenster die Speisen verzehrt. Nun soll es in der kommenden Woche endlich losgehen in Schleswig-Holstein mit der Öffnung der Gastronomie, fünf Tage später als in Hamburg, beispielsweise.
Noch immer Kämpfe mit der Bürokratie
Dabei mussten sich die Gastronomen durch einige bürokratische Vorgaben kämpfen. Und – wie uns der Wirt eines bekannten Kieler Restaurants gerade erst berichtete – die Regelungen seien immer noch nicht klar und eindeutig. Er schimpft über die Bürokratie, am Tag vor dem Neubeginn.
Hoffen wir, dass die Gäste trotzdem kommen. Denn so klar ist die Lage nicht: Wenn im aktuellen ARD-Deutschlandtrend 56 Prozent der Befragten sagen, dass sie keine weiteren Erleichterungen in der Corona-Krise möchten, zeigt das auch, wie vorsichtig die Bevölkerung noch ist. Das wird sich ebenso auf die Gastronomie niederschlagen wie es im Einzelhandel beispielsweise passiert: Echtes Einkaufsvergnügen kommt eben nicht auf, wenn Abstand gewahrt und Mundschutz getragen werden muss.
In einer engen Gaststube zu sitzen, womöglich schlecht beflüstet, sei sie auch noch so gemütlich, kommt nicht in Frage, auch für die kommenden Monate nicht. Fein raus sind die Lokale, die eine Terasse haben, die sie jetzt öffnen können. Draußen ist man ohne Zweifel sicherer als drinnen. Solange das Wetter mitspielt, ist das eine gute Alternative. Aber auch im Lokal lässt sich etwas tun, das zeigen Beispiele aus Hamburg, wo Wirte schon Folien-Trennwände zwischen die Tische gespannt haben. Mag merkwürdig aussehen, sorgt aber für mehr Sicherheit.
Endlich am Tisch Platz nehmen
Und genau das könnte darüber entscheiden, ob der Neustart der Gastronomie ein Erfolg oder ein Flop wird: Die genau ausformulierten Richtlinien aus dem Wirtschaftsministerium sind das eine. Der viel wichtigere Faktor ist, wie sich die Gäste damit fühlen. Wir sind gespannt, wie die Lokale mit den neuen Möglichkeiten umgehen.
Deshalb kann ich es auch kaum erwarten, eine Runde durch unsere Lieblingslokale hier in Kiel zu drehen. Endlich am Tisch Platz zu nehmen und einen Blick auf die Speisekarte werfen. Ob diese dann eine Einweg-Karte auf dem Tisch sind wird, wie es manche Wirte planen, oder digitale auf dem eigenen Smartphone, wie es andere vorhaben oder – das wäre eigentlich das stilvollste – eine Kreidetafel an der Wand, ist da vollkommen gleich. Hauptsache, etwas bestellen – und der Gastronomie, mit der am schwersten betroffene Wirtschaftszweig der Krise, helfen.
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