Ich bin in Zeiten der Corona-Krise nicht nur ein Fan von Videokonfernzen geworden, sondern auch als Journalist von Video-Pressekonfernzen. Auf meinem Laptop “stapeln” sich schon die Programme, von Microsoft Teams über Skype und Zoom bis zu diversen unbekannteren In-House Lösungen. Es gibt kaum einen schnelleren und authentischeren Weg, sich Informationen bei der Recherche ins Home-Office zu holen. Doch auch wenn die Technik gut läuft, lauern Fallstricke dabei.
Einige Firmen, Verbände und Einrichtungen haben mit dem Beginn des Lockdowns ganz auf Pressekonferenzen verzichtet. Einige sind im Mai schon wieder dabei gewesen, zurückzuschwenken und die gute alte Pressekonferenz mit persönlicher Teilnahme zu machen. Das wirkt dann leicht gequält: Es wird sorgsam Abstand gehalten, Mundschutz getragen, die Stuhlreihen nur spärlich besetzt. Doch warum eigentlich? Live-Konferenzen sind nicht angesagt – warum sich und Journalistenkollegen völlig unnötig einem Risiko aussetzen?
Dabei habe ich einige sehr produktive Video-Pressekonferenzen miterlebt, die Bandbreite reicht von Firmen über die IHK Nord und Nordmetall bis zur Hamburg-Messe. Jedes Mal konnte ich den Gesprächspartnern gut folgen und die eine oder andere Frage loswerden. Sehr schön: Sie können die Aufnahmen auch archivieren (wie es zum Beispiel die Bundesregierung macht).
Je gängiger die Software, desto besser
Doch ganz wichtig dabei ist: Nehmen Sie eine gängige Software, die die Anmeldung auch im Browser ermöglicht. Auch wenn Sie in Ihrem Haus eine besondere Videokonferenz-Software einsetzen, erwarten Sie bitte nicht, dass jeder Journalist auf seinem Firmenrechner diese spezielle Software installieren darf (ich mache das auf meinem Laptop, weil ich sie alle ausprobieren möchte ;-). Doch bei einer Firma, den Namen lasse ich hier einmal beseite, habe ich eine so obskure Lösung vorgefunden, die zudem schlecht funktionierte, dass die meisten Teilnehmer sich per Telefon einwählten. Hier gibt es einen guten Überblick über aktuelle Software von heise.de.
Punkt zwei: Setzen sie sich nicht in einer Gruppe in Ihrem Konferenzraum zusammen, die dann zwangsläufig eng beieinanderhocken muss. Das sieht komisch aus: Während alle anderen Teilnehmer ein eigenes Gesprächsfenster haben, sitzen drei Firmenvertreter als kleine Köpfe nebeneinander. Jeder Kopf sollte eine eigene Kamera mit Namensschriftzug haben, das macht die Arbeit der Medienvertreter einfacher und es leichter, Ihnen zu folgen.
Damit es auch eine echte Pressekonferenz wird, sollten auch die Teilnehmer alle eingeblendet werden. Denn bei einer richtigen Konferenz wären sie auch alle physisch dabei. Wer partout nicht gefilmt werden möchte, schaltet eben die Kamera aus. Genauso wichtig ist es, Fragen zuzulassen. Schließlich ist die Pressekonferenz kein Livestream oder eine Fernsehübertragung. Das törnt Journalisten schnell ab – wer mag schon “aus dem Fernsehen abschreiben”?
Außerdem hängt es damit zusammen, warum viele Journalisten überhaupt an Pressekonferenzen teilnehmen, nämlich um ihre Gesprächspartner live etwas besser kennenzulernen. Der Transport der Informationen kann auch über Pressemitteilungen erfolgen. Journalisten an Tageszeitungen etwa könnten für die reinen Fakten auch auf Texte einer Nachrichtenagentur zurückgreifen. Nein, die Pressekonferenz soll die Gesprächspartner zusammenbringen. Da können Sie ruhig auch Journalisten namentlich ansprechen.
Gekommen, um zu bleiben
Ich hoffe jedenfalls und bin überzeugt, dass die Video-Pressekonferenzen auch nach der Corona-Krise durchsetzen. Den technischen Mehraufwand dafür sollten alle Firmen und Institutionen doch mittlerweile beherrschen.
Den Medienvertretern erspart dies aber nicht zuletzt Wegstrecke. Ein Beispiel: Wenn man sich, so wie hier, an der Peripherie befindet, finden viele interessante Pressegespräche in Hamburg statt. Nicht für jeden dieser Termine wird man die Fahrzeit, von Kiel rund eineinhalb Stunden, in Kauf nehmen wollen. Da ist die Video-Pressekonferenzen eine höchst effiziente Zwischenform. Sie liegt zwischen der echten Konferenz und der Pressemitteilung. Ich zumindest denke, sie ist so überzeugend, dass sie bleibt.
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